Porphyria cutanea tarda (PCT)

Diese Informationen sollen Ihnen helfen, mehr über Porphyria cutanea tarda (PCT) zu erfahren. Die Informationen basieren auf der besten verfügbaren Evidenz und dem Konsens einer Untergruppe von Porphyrie-Spezialisten im International Porphyria Network (Ipnet).

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Inhalt
1. Was ist Porphyria cutanea tarda (PCT)?
2. Was verursacht PCT?
3. Wird PCT vererbt?
4. Was sind die wichtigsten prädisponierenden Faktoren?
5. Was sind die Symptome von PCT?
6. Wie wird PCT diagnostiziert?
7. Kann PCT geheilt werden?
8. Wie kann PCT behandelt werden?
9. Was kann ich tun?
10. Wo erhalte ich weitere Informationen zu PCT?
 

1. Was ist Porphyria cutanea tarda (PCT)?

Porphyria cutanea tarda (PCT) ist die häufigste Form der Porphyrie und betrifft je nach Land etwa ein Individuum von 5.000 bis zu 70.000 Menschen in der Bevölkerung. Bei PCT werden große Mengen an Porphyrinen von der Leber produziert, reichern sich im Körper an und führen zu einer Lichtempfindlichkeit der Haut.
 

2. Was verursacht PCT?

PCT wird durch eine verringerte Aktivität eines Enzyms namens Uroporphyrinogen-Decarboxylase (UROD) verursacht (ein Enzym ist ein Protein in unseren Zellen, das eine chemische Substanz in eine andere umwandelt). Diese verminderte Aktivität führt zu einer Ansammlung von Porphyrinen in der Leber, aus der sie in die Blutbahn freigesetzt werden und so in die Haut gelangen. Hautprobleme beginnen normalerweise im Erwachsenenalter; „tarda“ bedeutet „spät“. Die Ursache für die reduzierte Aktivität von UROD ist nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass sie auf verschiedene Faktoren (prädisponierende Faktoren – siehe Liste unten) zurückzuführen ist, die mit UROD interagieren und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine Person PCT bekommt.
 

3. Wird PCT vererbt?

Die meisten Patienten haben eine Form von PCT, die nicht vererbt wird. Diese Art von PCT wird sporadisch oder Typ-1-PCT genannt. In Europa hat etwa ein Viertel der Patienten einen erblichen Risikofaktor für PCT – und einen familiären PCT oder PCT vom Typ II. Dies wird durch die Vererbung einer Mutation verursacht, die eine Kopie des UROD-Gens inaktiviert und die andere normal funktionieren lässt. Jeder Mensch hat in jeder Zelle seines Körpers zwei Gene für UROD; eines von der Mutter und eines vom Vater geerbt. Die Inaktivierung einer der beiden Kopien führt zu einer Verringerung der UROD-Aktivität in jeder Zelle auf etwa 50 % des Normalwertes. Die meisten Familienmitglieder, die die Genmutation erben, entwickeln jedoch kein PCT, da auch andere Ursachen (prädisponierende Faktoren) vorliegen müssen, die das Aktivitätsniveau in den Leberzellen auf etwa 20 % des Normalwertes reduzieren.
 

4. Was sind die wichtigsten prädisponierenden Faktoren?

Im Folgenden sind die wichtigsten prädisponierenden Faktoren aufgeführt, die identifiziert wurden. Die meisten Patienten haben mindestens einen.
Eisenansammlung in der Leber. Fast alle PCT-Patienten weisen einen Anstieg des Eisens in der Leber auf, von dem angenommen wird, dass es der wichtigste Faktor ist, der an der Inaktivierung des UROD-Enzyms beteiligt ist. Einige dieser Patienten haben möglicherweise auch eine Anlage für Hämochromatose geerbt, die dafür verantwortlich ist, dass sich zu viel Eisen im Körper ansammelt.
Regelmäßiger Alkoholkonsum.
Virusinfektionen der Leber. Hepatitis C ist in vielen europäischen Ländern ein wichtiger prädisponierender Faktor für PCT.
Zigaretten rauchen.
Exposition gegenüber bestimmten Industriechemikalien.
Östrogentherapie. Zum Beispiel als orale Empfängnisverhütung oder Hormonersatztherapie (HRT).
Dialyse bei Nierenversagen.
 

5. Was sind die Symptome von PCT?

Betroffen sind nur Bereiche der Haut, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Dies sind am häufigsten die Handrücken, das Gesicht und die Kopfhaut sowie alle anderen Hautbereiche, die regelmäßig exponiert sind. Porphyrine, die durch die Hautgefäße zirkulieren, werden aktiviert, wenn sie Licht ausgesetzt werden, und geben freie Radikale ab, die die Verbindung zwischen der äußersten Hautschicht (der Epidermis) und der darunter liegenden Schicht (der Dermis) beschädigen, was zu einer brüchigen Haut führt. Die Folgen sind, dass in sonnenexponierten Bereichen selbst leichte Verletzungen oder alltägliche Aufgaben dazu führen können, dass die Haut bricht oder sich große, mit Flüssigkeit gefüllte Blasen bilden, die platzen und langsam heilen. Im weiteren Verlauf können daraus Narben und winzige weiße erhabene Flecken, die Milien genannt werden, entstehen. Es kann auch zu Veränderungen der Hautpigmentierung kommen, die verstärkt oder verringert sein kann, sowie zu einem vermehrten Wachstum feiner Haare auf Wangen und Stirn. Zusätzlich zu den Hautproblemen kann der Urin aufgrund einer übermäßigen Ausscheidung von Uroporphyrinen eine dunkle Farbe annehmen.
Akute Krisen (die Bauchschmerzen und Nervenschäden, die oft durch Medikamente oder Hormone hervorgerufen werden), die bei einer Gruppe von Porphyrien auftreten, die als akute Porphyrien bezeichnet werden, treten bei PCT NICHT auf.
 

6. Wie wird PCT diagnostiziert?

PCT wird durch Messung von Porphyrinen in Blut-, Urin- und Stuhlproben diagnostiziert. Diese Tests suchen nach dem speziellen Muster von Porphyrinen, das mit PCT assoziiert ist. Dies ist sehr wichtig, da andere Porphyrien ähnliche Hautprobleme verursachen können.
Ihr Arzt sollte auch auf die oben beschriebenen prädisponierenden Faktoren testen, die mit PCT in Verbindung stehen.
Dazu gehören Bluttests für
- Leberfunktion
- Virushepatitis, Humanes Immunschwächevirus (HIV)
- Eisenstatus und Hämochromatose
Da PCT oft mit Anzeichen einer Leberschädigung verbunden ist – aufgrund von Alkohol, Eisenüberschuss, Hepatitis-C-Virus oder der Porphyrie selbst – kann ihre Ärztin bzw.  ihr Arzt eine Ultraschalluntersuchung Ihrer Leber anordnen, um ggf. Narbenbildung, zu viel Fett oder einen Lebertumors auszuschließen.
Abhängig von den Ergebnissen dieser Tests wird Ihnen möglicherweise geraten, einen anderen Arzt, eine andere Ärztin aufzusuchen, beispielsweise Spezialist:innen für Leber- oder Bluterkrankungen.
Das Porphyrinmuster bei PCT ist so charakteristisch, dass andere Tests zur Identifizierung des Porphyrietyps normalerweise nicht erforderlich sind. Betroffenen, in deren Familien mehr als ein PCT-Patient vorkommt, sollte eine genetische Beratung angeboten werden und es kann ein Screening auf Typ-II-PCT erforderlich sein. Wenn eine genetische Ursache für eine Eisenüberladung gefunden wird, sollten nahe Verwandte einbezogen werden, um zu entscheiden, ob sie ggf. wegen einer Eisenüberladung regelmäßig überwacht oder behandelt werden sollten.
 

7. Kann PCT geheilt werden?

Obwohl die zugrunde liegenden Ursachen von PCT möglicherweise nicht heilbar sind, kann der Zustand gut kontrolliert und der Porphyrinspiegel auf den Normalwert gesenkt werden. Es ist wichtig, dass bekannte prädisponierende Faktoren ebenfalls kontrolliert oder behandelt werden. Bei entsprechender Behandlung bessern sich die Hautprobleme langsam und verschwinden schließlich, auch wenn sie einige Narben hinterlassen können. Ein Rückfall kann zwei oder mehr Jahre nach erfolgreicher Behandlung auftreten. Aus diesem Grund sollten Patienten mit PCT, unabhängig von den beitragenden oder prädisponierenden Faktoren, weiterhin regelmäßig ihre Ärztin bzw. ihren Arzt aufsuchen.
Seit kurzem ist eine Heilung der Hepatitis-C-Virusinfektion mit direkt wirkenden antiviralen Medikamenten (DAA) möglich geworden, die die Virusinfektion und die damit verbundene PCT heilt.
 

8. Wie kann PCT behandelt werden?

Ziel der Behandlung ist es, prädisponierende Faktoren zu beseitigen oder zu verringern, die Inaktivierung des UROD-Enzyms umzukehren und das überschüssige Porphyrin, das sich im Körper angesammelt hat, zu entfernen.
Ihnen wird wahrscheinlich eine von zwei spezifischen Behandlungen angeboten:
• Regelmäßige Entnahme (normalerweise alle zwei Wochen) einer Bluteinheit (die gleiche Menge wie bei Blutspenden), um den Eisenspiegel zu senken. Der medizinische Fachausdruck für diese Behandlung ist Aderlass. Der Körper verwendet Eisen, um mehr Blut zu produzieren, und der Vorgang wird wiederholt, bis genügend Eisen entfernt wurde – oft 5 bis 6 Einheiten Blut. Dies dauert in den meisten Fällen mehrere Monate. Wenn Sie auch eine Hämochromatose haben, kann ein Aderlass auf Dauer erforderlich sein. Die Senkung der Lebereisenkonzentration führt zu einer verbesserten Funktion des UROD-Enzyms.
• Niedrig dosiertes Chloroquin oder Hydroxychloroquin (normalerweise zweimal wöchentlich als Tablette). Es ist wichtig, dass nur diese sehr kleine Dosis verwendet wird, da größere Dosen eine akute Erkrankung verursachen können. Chloroquin und Hydroxychloroquin machen die Porphyrine besser löslich und erhöhen ihre Ausscheidung im Urin, was zu einer gewissen Verdunkelung des Urins führen kann. Da Chloroquin oder Hydroxychloroquin nur in geringen Dosen verwendet werden, ist eine Augenuntersuchung zu Beginn der Therapie und danach jährlich empfohlen.
Beide Behandlungen sind bei den meisten Patienten wirksam. Die Wahl hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich derer, die als die wichtigsten prädisponierenden Bedingungen bei jedem Patienten gelten. Gelegentlich können beide Behandlungen erforderlich sein. Bei Patienten, die keine dieser beiden Behandlungen vertragen, stehen andere Optionen zur Verfügung, z.B. Medikamente, die helfen, Eisen aus dem Körper zu entfernen, obwohl diese komplizierter zu verabreichen sind.

Weitere Maßnahmen:
Alkohol. Alle alkoholischen Getränke sollten vermieden werden.
Das Rauchen von Zigaretten sollte eingestellt werden.
Östrogentherapie. Frauen, die mit Östrogen behandelt werden, sollten die Einnahme während der PCT-Behandlung unterbrechen. Nach der Behandlung der PCT kann es jedoch möglich sein, die Hormonbehandlung wieder aufzunehmen.
Eisenpräparate sollten nicht eingenommen werden, es sei denn, Sie haben eindeutige Hinweise auf einen Eisenmangel.
Behandlung von Hepatitis C. Die PCT kann bei Patienten mit Hepatitis C durch Behandlung mit direkt wirkenden antiviralen (DAA) Arzneimitteln abklingen.

Gelegentlich können sich die Hautsymptome verschlimmern und der Urin kann sich zu Beginn der Behandlung dunkel färben.
 

9. Was kann ich tun?

Während der Behandlungsdauer:
Vermeiden Sie Sonnenlicht und schützen Sie Ihre Haut vor Lichteinwirkung. Die Haut bleibt für mehrere Monate verletzlich und empfindlich gegenüber hellem Sonnenlicht, bis die Behandlung ihre volle Wirkung entfaltet. Die Hautschädigung bei PCT wird durch den sichtbaren Teil des Lichtspektrums der Sonne verursacht, was bedeutet, dass gewöhnliche Sonnenschutzmittel (die vor ultraviolettem Licht schützen) nicht wirken. Reflektierende Sonnenschutzmittel auf Basis einer Titandioxid- oder Zinkoxid-Schutzschicht sind wirksamer. Die Verwendung einer Bräunungscreme, die Dihydroxyaceton enthält, kann das Licht bis zu einem gewissen Grad blockieren. Sie sollten die Haut schützen, indem Sie Handschuhe (vorzugsweise weiße Baumwolle), einen Hut (idealerweise mit breiter Krempe) und Schuhe anstelle von Sandalen tragen. Wunden oder aufgebrochene Blasen sollten sauber gehalten und jede Hautinfektion umgehend behandelt werden.

Reaktionen auf andere Medikamente:
PCT verursacht im Gegensatz zu anderen Porphyrie-Typen keine akuten Porphyrie-Krisen aufgrund anderer Medikamente. Leider verwechseln einige Ärzt:innen und Apotheker:innen PCT mit den „akuten Porphyrien“ und raten Ihnen möglicherweise, bestimmte Arzneimittel zu meiden. Im Allgemeinen können Sie alle erforderlichen Medikamente einnehmen.
 

10. Wo erhalte ich weitere Informationen zu PCT?

Da PCT selten ist, haben die meisten Hausärzt:innen wenig Erfahrung mit der Erkrankung. Dermatolog:innen sehen die meisten Menschen mit PCT und fragen manchmal ein Porphyrie-Zentrum um Rat.
Wenn Sie Bedenken hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit haben, die Krankheit auf Ihre Kinder zu übertragen (familiäre PCT), werden Sie möglicherweise an einen Genetiker oder ein spezialisiertes Zentrum für Porphyrie verwiesen, um Informationen zu erhalten.
Der Inhalt dieser Website basiert auf einem Konsens der Ipnet-Partner. Obwohl es eine Reihe anderer Informationsquellen gibt, von denen sich die meisten im Internet befinden, wurden sie möglicherweise nicht von Porphyrie-Expert:innen validiert. Die Mehrzahl dieser Seiten stellt Details zu allen Formen der Porphyrie zur Verfügung.

Selbsthilfegruppen können eine gute Anlaufstelle für Informationen, Vernetzung und Unterstützung sein. Porphyrie-Patientengruppen in verschiedenen europäischen Ländern sind auf der Website des International Porphyria Network und der Website der Global Porphyria Advocacy Coalition (GPAC) aufgeführt.

Überarbeitet: Februar 2021
Englisch-Deutsch-Übersetzung:
Prof. Dr. med. Ulrich Stölzel (Porphyriezentrum Chemnitz), Dr. Sebastian Reuber (Berliner Leberring), November 2021