Kongenitale erythropoetische Porphyrie (CEP)

Diese Informationen sollen Ihnen helfen, mehr über die kongenitale erythropoetische Porphyrie (CEP) zu erfahren. Die Informationen basieren auf der besten verfügbaren Evidenz und dem Konsens einer Gruppe von Porphyrie-Spezialisten im International Porphyria Network (Ipnet). Die Originalversion wurde von der Dermatologin Dr. R. Katugampola verfasst und enthält Informationen und Erfahrungen aus ihrer klinischen Forschungsstudie, in deren Verlauf sie mehr als 20 CEP-Patienten interviewte und untersuchte.

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Inhalt

1. Was ist angeborene erythropoetische Porphyrie?
2. Wie häufig ist CEP?
3. Was sind die Charakteristika der CEP?
4. Wie wird CEP vererbt?
5. Wie wird CEP diagnostiziert?
6. Kann eine CEP in der Schwangerschaft diagnostiziert werden?
7. Gibt es eine Heilung für CEP?
8. Welche anderen Behandlungen sind für CEP verfügbar?
9. Wird es in Zukunft neue Behandlungsmöglichkeiten für CEP geben?
10. Können bestimmte Medikamente die CEP verschlimmern?
11. Welche anderen Vorsichtsmaßnahmen müssen CEP-Patienten treffen?
12. Wo erhalte ich weitere Informationen zu CEP?

1. Was ist kongenitale erythropoetische Porphyrie?

Die kongenitale erythropoetische Porphyrie (CEP) (nach dem Arzt, der sie 1911 beschrieb, auch „Morbus Günther“ benannt) ist eine Erbkrankheit und die seltenste Form der Porphyrie. Bei der CEP ist die Aktivität des Enzyms Uroporphyrinogen-III-Synthase (UROS) sehr gering. Dies führt zu einer erhöhten Produktion von Porphyrinen, sogenannten Typ-I-Isomer-Porphyrinen, aus dem Knochenmark. Diese Porphyrine reichern sich im Körper, insbesondere in den roten Blutkörperchen, an und verursachen die mit CEP verbundenen Probleme.

2. Wie häufig ist CEP?

CEP ist extrem selten. Da sie so selten vorkommt, ist die genaue Zahl der von CEP betroffenen Menschen nicht bekannt. Es wird geschätzt, dass etwa 1 von 2 bis 3 Millionen Menschen von CEP betroffen ist. CEP kann Männer und Frauen gleichermaßen und jede ethnische Gruppe betreffen.

3. Was sind die Charakteristika der CEP?

Personen mit CEP bekommen möglicherweise nicht alle hier beschriebenen Veränderungen. Verschiedene Personen können eine unterschiedliche Schwere der Krankheit haben. Normalerweise zeigt sich die Krankheit kurz nach der Geburt oder im frühen Kindesalter, manchmal verzögert sich der Krankheitsbeginn jedoch bis in die Adoleszenz oder das frühe Erwachsenenalter.

• Roter Urin ist normalerweise das erste Anzeichen, das bei Neugeborenen mit CEP bemerkt wird. Dies ist auf die große Menge an Porphyrin zurückzuführen, die mit dem Urin ausgeschieden wird. Die Intensität der Rötung des Urins kann von Tag zu Tag variieren.
• Die Haut ist sehr lichtempfindlich, insbesondere gegenüber direkter Sonneneinstrahlung oder intensivem künstlichem Licht, wie z. B. dem sehr hellen Licht, das manchmal zur Behandlung von Babys mit Gelbsucht verwendet wird. Dies führt dazu, dass die Haut brüchig wird und Blasen oder Geschwüre bildet. Dies geschieht am häufigsten an sonnenexponierten Stellen, zum Beispiel Handrücken, Gesicht, Ohren und Kopfhaut. Die Haut kann nach Verletzungen oder Blasenbildung länger brauchen, um zu heilen und kann sich infizieren. Wiederkehrende Blasen, Wunden und Geschwüre können Narben in der Haut und kahle Stellen auf der Kopfhaut verursachen.
• Bei manchen Personen kann es zu einer Verdunkelung der sonnenexponierten Haut kommen.
• Die Augen können auch empfindlich auf helles Sonnenlicht oder künstliches Licht reagieren, was zu Geschwüren und Narbenbildung in den Augen führen kann. Mit der Zeit verlieren einige Patienten ihre Wimpern, wodurch ihre Augen anfällig für Reizungen durch kleine Staubpartikel und Fasern werden.
• Eine Anämie (ein niedriges Hämoglobin), deren Schweregrad variieren kann, ist ein weiteres Merkmal der CEP. Eine Anämie entsteht, weil Porphyrin einige rote Blutkörperchen schädigt, die dann von einem Organ im Unterleib, der Milz, entfernt und zerstört werden. Zu den Symptomen einer Anämie gehören Müdigkeit, Kurzatmigkeit nach geringer Anstrengung und blasses Aussehen. Ein Bluttest bestätigt das Vorliegen einer Anämie.
• Die Milz kann allmählich größer werden und eine Verschlechterung der Anämie sowie eine Verringerung der Anzahl der Blutplättchen (die Blutzellen, die helfen, Blutgerinnsel zu bilden, um die Blutung zu stoppen) und der weißen Blutkörperchen (die Blutzellen, die Infektionen bekämpfen) im Blut verursachen Dies führt zu einem erhöhten Blutungsrisiko (wie wiederholtes Nasenbluten) und Infektionen.
• Die Zähne, insbesondere die Milchzähne, werden durch Porphyrin verfärbt, wodurch sie rotbraun erscheinen.
• CEP kann gelegentlich zu einer Ausdünnung der Knochen (Osteoporose) führen. Eine Osteoporose kann nach minimaler Verletzung zu Knochenbrüchen (Frakturen) führen.
• Auch kann eine übermäßige Körperbehaarung entstehen, insbesondere im Gesicht und auf den Handrücken.

4. Wie wird CEP vererbt?

Die niedrige UROS-Enzymaktivität bei CEP ist auf Veränderungen (Mutationen) im UROS-Gen zurückzuführen, das dieses Enzym kodiert. Jedes Individuum hat 2 Kopien jedes Gens, eine von ihrer Mutter und eine von ihrem Vater. Um CEP zu entwickeln, muss man zwei Kopien des mutierten Gens haben, eine von jedem Elternteil geerbt, wie in der Abbildung gezeigt. Diese Form der Vererbung wird als „autosomal-rezessiv“ bezeichnet („autosomal“, weil das betreffende Gen nicht auf den Geschlechtschromosomen liegt). Obwohl die Eltern von Personen mit CEP das mutierte Gen an eines ihrer Kinder weitergeben können, haben sie selbst die Krankheit nicht, da sie auch ein normales Gen haben. Ebenso können einige Brüder oder Schwestern der betroffenen Person ein mutiertes Gen von einem der Elternteile erben, aber da sie auch ein normales Gen vom anderen Elternteil erben, haben sie keine CEP. Personen mit einem mutierten Gen und einem normalen Gen (wie die Eltern und 2 der Kinder in diesem Diagramm) werden als „Träger“ der Krankheit bezeichnet.

Uros gene
Wenn sowohl Mutter als auch Vater Träger sind, hat jedes ihrer (ungeborenen) Kinder ein Risiko von 1 zu 4, an CEP zu erkranken, und ein Risiko von 1 zu 2, Träger zu sein. Das Risiko, dass das Kind eines Trägers CEP erleidet, ist äußerst gering, da es sehr unwahrscheinlich ist, dass der Partner Träger ist (die Genmutation, die CEP verursacht, ist in der Allgemeinbevölkerung sehr selten), es sei denn, er/sie ist ein naher Verwandter. Alle Kinder von jemandem mit CEP werden Träger sein, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie an CEP erkranken.

5. Wie wird CEP diagnostiziert?

Eine CEP kann bei Kindern (oder selten bei Erwachsenen) vermutet werden, die die oben beschriebenen Merkmale aufweisen. Die Diagnose wird durch die Messung der Porphyrine in Blut, Urin und Kot des Individuums bestätigt. Diese Proben müssen bis zur Analyse vor Licht geschützt werden. Es kann auch eine Blutprobe entnommen werden, um nach genetischen Mutationen zu suchen.

6. Kann eine CEP in der Schwangerschaft diagnostiziert werden?

Ein Test auf CEP in der Schwangerschaft wird nicht routinemäßig angeboten. CEP kann jedoch in der Schwangerschaft bei Familien diagnostiziert werden, in denen bereits ein Kind mit CEP bekannt ist. In dieser Situation wird etwa in der 16. Schwangerschaftswoche ein Test namens „Amniozentese“ durchgeführt. Alternativ wird etwa in der 12. Schwangerschaftswoche ein anderer Test namens „Chorionzottenbiopsie“ durchgeführt, um Blutzellen aus der Plazenta des Babys zu gewinnen. Diese Zellen werden dann auf die UROS-Genmutationen untersucht, die CEP verursachen.

7. Gibt es eine Heilung für CEP?

Derzeit ist die einzige verfügbare Heilung für CEP eine Knochenmarktransplantation (KMT). Dabei wird gesundes Knochenmark von einer anderen Person (dem Spender) auf das der Person mit CEP (dem Empfänger) transplantiert. Nach erfolgreicher KMT werden die Merkmale der CEP wie Lichtempfindlichkeit und Anämie verschwinden. Die Narbenbildung durch Vorschädigungen der Haut ist jedoch dauerhaft.
Damit die KMT erfolgreich ist, muss das Knochenmark des Spenders gut mit dem des Empfängers übereinstimmen. KMT ist eine Hochrisikobehandlung, bei der zunächst wirksame Behandlungen zur Unterdrückung des Immunsystems des Empfängers erforderlich sind, um eine Abstoßung zu verhindern. Die KMT ist derzeit den schwer betroffenen Personen vorbehalten, die einen passenden Knochenmarkspender haben.

8. Welche anderen Behandlungen sind für CEP verfügbar?

Die Behandlung der CEP zielt darauf ab, Narbenbildung an Haut und Augen zu verhindern und die oben genannten Komplikationen zu behandeln. Einige oder alle der folgenden Maßnahmen können erforderlich sein:

• Der Schutz der exponierten Haut vor direkter Sonneneinstrahlung ist erforderlich, um Blasen- und Narbenbildung zu vermeiden. Ein strenger Lichtschutz sollte die routinemäßige Verwendung von Kleidung, Handschuhen, einem Hut mit breiter Krempe, einem Schal, langen Ärmeln, hohen Kragen und langen Hosen umfassen. Herkömmliche Sonnenschutzmittel (die ultra-violettes Licht blockieren) sind bei CEP nicht wirksam, da die Lichtempfindlichkeit gegenüber sichtbarem Licht besteht. Es sind Sonnenschutzmittel erforderlich, die das sichtbare Licht von der Hautoberfläche reflektieren. Im Handel sind getönte reflektierende Sonnenschutzmittel erhältlich, die je nach Hautfarbe des Patienten gemischt werden können. Beispiele für reflektierende Sonnenschutzprodukte, die auf Rezept und in der Apotheke erhältlich sind:
- Ambre Solaire® lotion SPF 60 - RoC total Sunblock® lotion SPF 25
- Delph® lotion SPF25 - Sunsense® Ultra SPF 60
- Delph® lotion SPF 30 - Uvistat® cream SPF 22
- E45 Sun® lotion SPF25 - Ultrablock® cream SPF30
- E45 Sun® lotion SPF50  

• Möglicherweise sind Vorhänge oder Jalousien im Haus und am Arbeitsplatz erforderlich, um die Intensität des sichtbaren Lichts zu reduzieren. Außerdem können Licht absorbierende Folien auf die Fenster von Gebäuden und/oder Fahrzeugen aufgebracht werden. Es ist wichtig zu prüfen, dass alle Fensterfolien, die Sie für Ihr Fahrzeug auswählen, in Ihrem Land auch rechtlich zulässig sind.
• Kosmetika können verwendet werden, um Narben der Haut zu kaschieren.
• Die Augen sollten durch die Verwendung einer getönten Rundum-Sonnenbrille vor Sonnenlicht geschützt werden. Eine fachärztliche Betreuung durch eine/n Augenärztin/-arzt kann erforderlich sein.
• Die Haut an lichtexponierten Stellen sollte vor leichten Traumata geschützt werden, um langfristige Narbenbildung zu vermeiden. Dies kann erreicht werden, indem die Haut gut mit Feuchtigkeit gepflegt wird und Handschuhe getragen werden.
• Hautgeschwüre müssen sauber und abgedeckt gehalten werden und Infektionen mit antibiotischen Cremes oder Tabletten behandelt werden, um die Heilung zu beschleunigen.
• Wiederholte Vernarbungen der Haut, insbesondere der Finger, können die Beweglichkeit der Gelenke einschränken. Regelmäßige, sanfte Handübungen können helfen, dies zu verzögern oder zu verhindern.
• Bei Patienten mit eingeschränkter Handfunktion aufgrund von Narbenbildung kann der Rat eines Ergotherapeuten erforderlich sein.
• Zur Behandlung der Anämie können Bluttransfusionen erforderlich sein. Regelmäßige Bluttransfusionen können jedoch zu einer Eisenüberladung führen. Die Behandlung einer Eisenüberladung erfolgt mittels Tablette oder Injektion. Eine Vergrößerung der Milz kann die Anämie verschlimmern und eine operative Entfernung der Milz erforderlich machen.
• Wenn eine Ausdünnung der Knochen (Osteoporose) festgestellt wird (durch Röntgenstrahlen und Knochenscans), kann eine Behandlung mit Tabletten erforderlich sein.
• Eine gute Mundhygiene ist wichtig, um Karies vorzubeugen. Wenn die Mundöffnung durch Narben um den Mund herum eingeschränkt ist, kann eine weiche Kinderzahnbürste oder eine elektrische Zahnbürste leichter zu handhaben sein und das Zahnfleisch weniger schädigen.

9. Wird es in Zukunft neue Behandlungen für CEP geben?

Es gibt einige Berichte, dass ein leichter Eisenmangel bei CEP-Patienten den Porphyrinspiegel senken und die Lichtempfindlichkeit verbessern kann. Dies wurde erreicht, indem den Patienten regelmäßig kleine Mengen Blut abgenommen wurden, um einen Eisenmangel hervorzurufen, ohne eine Anämie zu verursachen. Es ist wahrscheinlich, dass dieser Ansatz in Zukunft weiterverbreitet wird.
Es wird daran geforscht, CEvP mit Gentherapie zu heilen. Dies würde bedeuten, die Anomalie des Gens der betroffenen Person zu korrigieren. In den nächsten zehn Jahren sind wahrscheinlich erhebliche Fortschritte auf diesem Forschungsgebiet zu erwarten.

10. Können bestimmte Medikamente die CEP verschlimmern?

CEP ist eine erythropoetische Porphyrie, die sich von akuten hepatischen Porphyrien unterscheidet, die durch bestimmte Medikamente verschlimmert werden können. Die CEP wird durch keines dieser Medikamente verschlimmert. Daher haben Personen mit CEP keine Einschränkungen bei der Einnahme von Medikamenten, die ihre Gesundheit erfordert, es sei denn, die Person ist aus anderen Gründen allergisch gegen ein Medikament.

11. Welche anderen Vorsichtsmaßnahmen müssen CEP-Patienten treffen?

Wenn eine Person mit CEP operiert wird, werden ihre inneren Organe im Operationssaal sehr hellem Licht ausgesetzt. Dies kann zu einer Schädigung des Gewebes der inneren Organe führen, ebenso wie die Haut, die nach hellem Licht zu Blasenbildung führt. Diesem Risiko sollten sich Chirurg:innen bewusst sein, um die Lichteinwirkung beispielsweise durch den Einsatz spezieller Lichtfilter zu minimieren.

12. Wo erhalte ich weitere Informationen zu CEP?

Da CEP eine sehr seltene Erkrankung ist, haben die meisten Hausärztinnen und Hausärzte wenig Erfahrung mit der Erkrankung. Dermatolog:innen und Hämatolog:innen sehen die meisten Menschen mit CEP und fragen in der Regel ein Porphyrie-Spezialzentrum um Rat, das es in den meisten europäischen Ländern gibt.

Wenn Sie Bedenken hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit haben, die Krankheit auf Ihre Kinder zu übertragen, werden Sie möglicherweise an einen Genetiker oder ein spezialisiertes Zentrum für Porphyrie verwiesen, um Informationen zu erhalten.
Es gibt eine Vielzahl von anderen Informationsquellen, von denen sich die meisten im Internet befinden, die möglicherweise nicht von Porphyrie-Spezialisten verfasst und validiert wurden. Die meisten dieser Quellen geben beinhalten Details zu allen Formen der Porphyrie. Der Inhalt dieser Website basiert auf einem von den Ipnet-Partnern vereinbarten Konsens.

Patientenorganisationen können eine gute Anlaufstelle für Informationen, Vernetzung und Unterstützung sein. Porphyrie-Patientengruppen in verschiedenen europäischen Ländern sind auf der Website des International Porphyria Network und der Website der Global Porphyria Advocacy Coalition (GPAC) aufgeführt.


Überarbeitet: Juni 2021
Englisch-Deutsch-Übersetzung:  
Prof. Dr. med. Ulrich Stölzel (Porphyriezentrum Chemnitz), Dr. Sebastian Reuber (Berliner Leberring)     November 2021